Jugendkriminalität: Fakten, Mythen und Verantwortung
Shownotes
Das Thema Jugendkriminalität ist emotional aufgeladen und bewegt die Gesellschaft. In diesem Podcast spricht gibt Professorin Belinda Plattner, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Campus Christian-Doppler-Klinik und eine der renommiertesten forensischen Kinder- und Jugendpsychiaterinnen Österreich, Einblicke in Ihre Arbeit: Wird unsere Jugend tatsächlich immer krimineller? Welche Rolle spielen Social Media, Mobbing und gewalthaltige Computerspiele? Wie erkennt man die Grenze zwischen jugendlichem Austesten und echter Straffälligkeit? Und: Was können wir als Gesellschaft tun? Mit wissenschaftlicher Expertise, viel Praxiserfahrung und einem Blick auf aktuelle Studien bringt Professorin Plattner Klarheit in ein hochkomplexes Thema – und zeigt Perspektiven für Prävention und Hilfe.
Transkript anzeigen
00:00:11: der Podcast der Salzburger Landeskliniken.
00:00:16: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen bei einer neuen Folge des Podcasts der Salzburger Landeskliniken.
00:00:22: Mein Name ist Wolfgang Fürweger.
00:00:24: Heute geht es um ein heikles Thema, das aber gesellschaftlich unglaublich wichtig ist.
00:00:28: Wir sprechen über Jugendkriminalität und kriminelle Jugendliche.
00:00:34: Lisst man die Tageszeitungen bzw.
00:00:36: die großen News-Plattformen des Landes, dann gibt es fast keinen Tag ohne eine größere spektakuläre Crime-Geschichte, in der der oder die Täter minderjährig sind.
00:00:46: Seine Sraubüberfälle, Einbrüche, Sexualdelikte, extreme Fälle von Mopping oder angekündigte bzw.
00:00:53: wie im Fall von Graz leider tatsächlich durchgeführte Amokläufe.
00:00:57: Fast möchte man sich fragen, wo leben wir eigentlich, aber andererseits ist auch die Frage eingebracht.
00:01:03: ist es tatsächlich so schlimm.
00:01:05: Entsprechend das, was wir in der Zeitung oder im Internet lesen, auch der breiten Realität.
00:01:10: Ist die Jugend heute per se kriminell als früher, welche Rolle spielen dabei soziale Medien und aggressive Computerspieler wie Ego-Shooter?
00:01:18: Welche Verantwortung haben wir als Gesellschaft zu diesem Thema?
00:01:21: Also Fragen über Fragen und um hier Antworten zu finden, habe ich die Expertin zu diesem Thema in Österreich eingeladen, Professorin Belinda Plattner.
00:01:31: Die Leiterin unserer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsklinik im Campus Christian Doppler-Klinikwerte, Frau Professorin, vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen.
00:01:42: Danke.
00:01:43: Frau Professorin Platten, ich habe erzählt, dass Sie an unserer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie die Leiterin sind.
00:01:49: An Ihrer Abteilung werden viele unterschiedliche Gruppen von Kindern und Jugendlichen behandelt.
00:01:54: Es gibt zum Beispiel um Essstörungen, um Suchtverhalten und natürlich auch um psychiatrische Erkrankungen.
00:02:00: Ihr Fachgebiet ist die forensische Kinder- und Jugendpsychiatrie.
00:02:04: Als plötzlich sind sie dazu ja auch sogar als Expertin ins Europäische Parlament eingeladen worden.
00:02:10: Vielleicht können Sie uns ganz kurz erklären, was ist Kinder- und Jugendpsychiatrie im Zusammenhang mit forensischer Psychiatrie?
00:02:18: Ja, die Kinder- und Jugendforensik ist prinzipiell als grober Überbegriff jene, Form der Kind- und Jugendpsychiatrie, die sich mit rechtlichen Fragestellungen auseinandersetzt.
00:02:33: Rechtliche Fragestellungen können weitreichend sein.
00:02:36: Also es gibt auf der einen Seite zivilrechtliche Fragestellungen und strafrechtliche Fragestellungen.
00:02:44: Im zivilrecht geht es sehr stark um Absorge und um diese Formen von Behandlung.
00:02:57: Und im Strafrecht, in dem wir unseren Fokus haben, geht es auf der einen Seite um die Opfer, also die Begleitung von Opfern, von Straftaten, die Graubhaftigkeit und Graubwürdigkeit von Opfern, von Straftaten und jetzt noch einmal in meinem Bereich um die Täter von Straftaten und in dem Fall jetzt um Täter von Straftaten, die minderjährig sind.
00:03:26: Ganz oft geht ja am Stammtisch über die kriminellen Jugendlichen schwarthomiert.
00:03:33: Jetzt ist das ein sehr diffuser Begriff, bei der am Stammtisch verwendet wird, wenn man aus ihrer Sicht als Kinder- und Jugendpsychiatrin an das Thema rangeht, wo hören denn für sie Jugendliche über Mut und das Austesten von Grenzen auf und wo beginnt tatsächlich Kriminalität?
00:03:50: Genau, Studien zeigen ja, dass im Kindes- und Jugendalter, also insbesondere im Jugendalter, dass überschreiten von Grenzen auch etwas Normales ist.
00:04:00: Und das ist auch Teil der Jugend, dass man Dinge ausprobiert, dass man Grenzen überschreitet, dass man fasenweise auch Dinge tut.
00:04:10: Vielleicht auch mal Eis mitnehmen ohne zu bezahlen.
00:04:12: Genau, dass man Dinge tut, die nicht korrekt sind und die nicht normgemäß sind.
00:04:20: Jugendkriminalität ist definitiv was anderes.
00:04:23: Das sind Jugendliche, die wiederholt, zumeist in hoher Häufigkeit oder in hoher Frequenz Straftaten gehen, die tatsächlich mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt stehen.
00:04:39: Das heißt, Dinge verüben oder Taten verüben, die im Strafgesetzbuch als strafrechtlicher relevant anerkannt werden.
00:04:49: Und diese Taten zumeist auch in dem Wissen begehen, dass es sich dabei um einen Straftat handelt.
00:05:00: Wenn Sie sagen, wiederholt, von wie vielen Fällen sprechen wir da?
00:05:03: Sieht das zwei, drei?
00:05:05: Jugendlich, ja.
00:05:06: Nein, die Jugendlichen begehen diese Fälle.
00:05:09: Sie haben gesagt, die Jugendlichen, die wiederholt haben, begehen.
00:05:11: Oft sehr häufig, zehn, fünfzehn, nacheinander.
00:05:15: Das sind oft so Serien von Delikten, die, wenn es einmal gelungen ist, damit davon zu kommen, natürlich auch dann immer wieder begangen werden, bis es dann zur Konsequenz kommt.
00:05:30: Und selbst da fällt es vielen Jugendlichen dann wirklich schwer, den Schlussstrich zu ziehen und diese Konsequenz auch als solche zu verarbeiten, dass man sein Verhalten verhindert.
00:05:43: Fällt mir dann ein erzuchthaftes Verhalten rein als Jugendlicher?
00:05:48: Ich weiß nicht, ob es sich um eine Sucht handelt, sondern eher um die Bestätigung des Egos.
00:05:54: Da müsste ich jetzt ein bisschen weiter ausholen.
00:05:58: Häufig sind Jugendliche, oder zumeist, ich würde sagen zu neun und neunzig Prozent, entstammen Jugendlicher Straftäter sehr schwierigen psychosozialen Rahmenbedingungen, sind häufig Opfer von häuslicher Gewalt und emotionalen Missbrauch, sind häufig in der Schule nicht sehr erfolgreich.
00:06:18: aufgrund ihrer Verhaltensauffälligkeiten marginalisiert, schließen sich dann in der Adoleszenzgruppen an, wo sie über ihre Verhaltensauffälligkeiten positive Verstärkung bekommen können, indem sie da einfach als risikofreudiger, wilder, derjenige, der die wirklich krasser Sache macht, wahrgenommen werden.
00:06:44: Und dadurch kommt es natürlich zu einer positiven Verstärkung von solchen Verhalten.
00:06:51: Leider sind auch viele Jugendliche dabei, die tatsächlich Straftaten begehen müssen, um ihren Alltag finanziell zu bestreiten, die auch aufgrund der Verhaltensauffälligkeiten bereits obdachlos sind.
00:07:06: Das heißt, die z.T.
00:07:07: auch Delikte begehen, um tatsächlich ihren Alltag zu bestreiten.
00:07:11: Also klassische Beschreibungskriminalität.
00:07:13: Genau.
00:07:14: häufig eben auch Drogenkonsum dabei oder auch nicht.
00:07:18: Genau, also und dann kommt es einfach zu seinem eingeschleffenen Verhaltensmuster, wo das zur täglichen Norm gehört, sich innerhalb dieser Gruppe Straftaten anzuschließen.
00:07:31: Sie haben gesagt, dass die Jugendlichen aufgrund von Verhaltensaufliegkeiten marginalisiert sind und vorher schon einiges erlebt haben.
00:07:40: Das klingt eher so, als wenn es zuerst die Opfer werden.
00:07:43: oder Opfer von anderen und die dann eigentlich selbst zu tätern werden, ist das ein bisschen zu platt formuliert?
00:07:49: Nein.
00:07:50: In einer, in mehreren Studien wurde auch gefunden, dass Jugendliche Straftäter in der Schule, also ich rede jetzt von Volksschulen, häufig zu denen gehört haben, die aus der Gruppe der anderen Kinder marginalisiert
00:08:08: wurden.
00:08:09: Also ausgeschlossen quasi.
00:08:10: Richtig.
00:08:11: Zum Teil, ich spreche ja viel mit junglichen Straftitern.
00:08:17: Sie kommen oft aus sehr armen Verhältnissen, d.h.
00:08:20: die Kleidung ist nicht entsprechend.
00:08:22: Häufig sind die Eltern drogensüchtig oder psychisch erkrankt, d.h.
00:08:26: die Kinder werden ungepflegt zur Schule geschickt.
00:08:30: nicht adäquat gepflegt, gegeidet, gewaschen oder auch mit ihr Hause ausgestattet.
00:08:37: Häufig ist es so, dass es wirklich dieses psychosoziale Defizit da noch sehr sichtbar ist und dass sie da oft sich als Opfer von Mobbing erlebt haben.
00:08:49: Also fast alle erzählen das und dann irgendwann mit zwölf, dreizehn, da gibt es dann, da kriegen sie dann körperliche Stärke.
00:08:57: Das sind Ihre Verhalten zur Fälligkeiten, plötzlich das, was zählt, also wo Sie sich auch hervortun können, dann können Sie zurückschlagen und dann geht das einfach in die andere Richtung.
00:09:10: Sie haben ja auf dem Gebiet Jugendliche Kriminalität und Jugendliche, die mit dem Strafgesetz in Konflikt kommen, schon mehr gesehen als die meisten anderen Menschen.
00:09:19: Sie waren in Wien und in Zürich in den Jugendhaft anstalten, als Psychiaterin tätig, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
00:09:27: Welche Formen der Jugendkriminalität unterscheiden Sie?
00:09:30: Kann man das irgendwie einordnen?
00:09:34: Sicher gibt es verschiedenste Detagroben wie bei den Erwachsenen auch.
00:09:38: Also es sind sicher eine sehr distinkte und unterschiedliche Detagrobe.
00:09:42: Das sind dann mal die Sexualstraftäter, also Jugendliche, die ausschließlich sexuell strafteten Daten bequemen.
00:09:50: Dann gibt es die große Gruppe der polydeliktischen Jugendlichen, die verschiedenste Deliktos verschiedensten Gruppen begehen, also Eigentumsdelikte plus Körperverletzungen, so ist das klassische Portfolio vom Einbruch zum Diebstahl zum Raub zur Körperverletzung.
00:10:13: Dann gibt es natürlich alle Jugendlichen aus dem Suchtmittelbereich, die nur Suchtmitteldelikte nach Suchtmittelgesetz begehen und auch Suchtmittel selbst konsumieren, also diese klassische Beschaffungskriminalität.
00:10:28: Und dann gibt es natürlich jene insbesondere Medienwirksamenfälle, die eine schwere Tat mit langer Vorbereitung, mit Beziehungskarakter begehen.
00:10:42: So wie zum Beispiel ein Mord innerhalb der Familie oder das eines bestimmten Systems.
00:10:50: Was kann denn Ihre Klinik oder was kann die Jugend- und Kinderpsychiatrie für diese Gruppen tun?
00:10:57: Und vielleicht auch was kann man auf keinen Fall tun?
00:11:01: Also wo sozusagen sind die Grenzen auch von Ihnen gesetzt?
00:11:06: Unsere Grenzen sind dort gesetzt, wo der Jugendliche nicht möchte.
00:11:11: Ich kann einem Jugendlichen keine Veränderung, keine Beziehung, keine neuen Perspektiven, keine Ziele aufoktuieren.
00:11:20: Ich kann aber die Möglichkeit bieten, so etwas aufzugreifen, Themen aufzugreifen und in eine gute Richtung zu gehen, wenn der Jugendliche das möchte.
00:11:31: Wir sagen immer, der Jugendliche sind es tatsächlich.
00:11:34: Hauptsächlich junge Burschen.
00:11:35: gibt es auch Mädels.
00:11:37: Sind natürlich
00:11:38: hauptsächlich junge Burschen.
00:11:39: Ich habe de facto auch mit einigen Mädels zu tun.
00:11:43: Genau.
00:11:44: Gleicher Hintergrund.
00:11:46: Gleicher Hintergrund meistens noch schwieriger, was Trauma betrifft, weil Mädchen häufig in der frühen Phase der Kriminalität Opfer von sexueller Ausbeutung werden durch ältere Personen.
00:12:03: Also wenn sie den die Sicherheit der Familie nicht haben oder verlieren, dann sind sehr häufig erwachsene Männer sofort bereit, diese Jugendlichen aufzunehmen und dann sexuell auszubeuten.
00:12:24: Das heißt, ein Großteil der Jugendlichen Frauen, die ich sehe, sind wirklich massiv stromatisiert.
00:12:32: Es ist ihm gesagt, sie können nichts tun für Jugendliche, die nicht wollen.
00:12:36: Was können Sie für die tun, die wollen oder wollen eigentlich die meisten?
00:12:41: Ja.
00:12:42: Also ja, die wollen.
00:12:43: Ja.
00:12:44: Und was können Sie für die tun?
00:12:48: Sehr individuell.
00:12:49: Also prinzipiell die forensische Therapie zählt darauf ab, das Requestrisiko zu senken.
00:12:56: Das Requestrisiko kann ich nur senken, wenn ich eine Entscheidung gegen straffvolles Verhalten treffe.
00:13:03: Mir bewusst bin, in welchen Situationen nicht gefährdet wäre, eine erneute Straftat zu begehen, diese Situationen zu vermeiden, aus dem Wunsch heraus die Straftat in weiterer Folge zu vermeiden.
00:13:18: Ich muss Perspektiven schaffen, Träume und Wünsche validieren, anerkennen und versuchen, diese bestmöglichst umsetzen zu können.
00:13:33: Es ist ganz interessant, weil natürlich wünscht sich der delinquente Jugendliche dasselbe wie ein nicht-delinquente Jugendlicher Beziehung, Nähe, gewisse Status-Symbolen, Anerkennung in der Gesellschaft.
00:13:48: Basis meist kein Schulabschluss, keine stabile Wohnsituation, sehr prekäre finanzielle Verhältnisse.
00:14:00: sehr viel Perspektivenlosigkeit, Hoffnungslosigkeit.
00:14:05: Und dann geht es einmal darum, zu schauen, wie kann ich einen Weg finden, Hoffnung aufzubauen.
00:14:11: Häufig, glaube ich, kommen auch Schulden dazu, die teilweise auch auf Vorstellungen resultieren.
00:14:16: Meistens sehr, sehr hohe Schulden in die mehrere Zehntausender Zahl, weil strafrechtliche Delikte können ja nachher auch noch zivilrechtlichen.
00:14:28: Prozessen zugeordnet werden, in denen es dann um Schadenersatz klagen geht.
00:14:34: Und da kann man wirklich sehr, sehr hohe Summen zustande.
00:14:38: Das schafft vor allem nicht gerade eine gute Perspektive, weil ich als Jugendlicher höre, ich bin in den nächsten um fünf und dreißig Jahre damit beschäftigt, meine Dummheiten abzuzahlen.
00:14:48: Insbesondere, weil man es nicht geschafft hat, die Schule zu besuchen.
00:14:53: Weil wenn man sich anschaut heutzutage wie ein funktionales Elternhaus, ersteckt sehr viel Energie hinein, die Kinder durch die Schule zu begleiten, bestmöglichst, sei es Nachhilfe, sei es Unterstützung der Eltern beim Lernen, sei es Aufsuchen von Lehrern beim Elternsprechtag.
00:15:15: Das passiert ja bei den meisten Kindern, die ich sehe, nicht.
00:15:19: Wie oder wann werden sie eigentlich kritisch?
00:15:23: wird oder wie wird ein junger Mann, eine junge Frau, ihre Patientin?
00:15:29: Also erstens bin ich einmal in der Woche in der Justizanstalt Buchurstein.
00:15:36: Alle Jugendlichen, die dort in Haft sind, sind meine Patienten automatisch, seitdem sie wollen dezidiert nicht mein Patient sein.
00:15:45: Und dann gibt es die Möglichkeit der Zuweisung per Weisung durch das Landesgericht Salzburg.
00:15:51: Sie haben gesagt, die meisten wollen eigentlich Hilfe, kam das schon vor, dass sie mir gesagt haben, nein, ich will das nicht.
00:15:57: Definitiv.
00:15:57: Ja.
00:15:58: Und dann einfach, da sind sie auch strikt und sagen, das hat keinen Sinn.
00:16:01: Das bringt nichts.
00:16:05: Ja.
00:16:06: Also, strikt ich von meiner Seite bin nicht strikt, sondern die Grundhaltung ist ja immer, die Tür steht offen, du wirst akzeptiert, wie du bist.
00:16:15: Ja, das heißt nicht, dass ich dein Verhalten, das du einen Tag gelegt hast, gutiere oder positiv bewerte, sondern ich bewerte es jetzt gar nicht, sondern wir starten an Tag X neu.
00:16:29: Also ich würde jetzt nicht sagen, wenn sich jemand nach drei Monaten überlegte, möchte jetzt doch einen Termin haben, wo ich sage, nein, kann nicht mehr kommen, aber ich würde mich nicht jemandem aufdrängen.
00:16:40: Wir haben im Vorfall schon ein bisschen über das Thema auch gesprochen.
00:16:45: eben erwähnte Lebenswelt von kriminellen Jugendlichen ist meistens komplett aus dem Ruder gelaufen.
00:16:51: Dann gibt es sozusagen das, was man in der Gesellschaft als normale Familie bezeichnet.
00:16:55: Und dann gibt es auch Jugendliche mit psychischen Problemen.
00:17:00: Sie haben erwähnt, da gibt es gerade eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem beschäftigt, um versucht herauszufinden, wie denn diese Lebenswelten aussehen.
00:17:10: Vielleicht können Sie da ein bisschen was dazu erzählen.
00:17:13: Die Helena Gampe, eine Masterstudierende von der Plus-Universität beschäftigt sich gerade mit den Lebenswelten von Kindern ohne psychische Erkrankung und ohne straffeliges Verhalten, Lebenswelten mit psychischer Krankheit und Lebenswelten von delinquenten Jugendlichen.
00:17:31: Und da haben wir gesehen, dass insbesondere bei den delinquenten Jugendlichen eigentlich eine relativ eingeschränkte Weltsicht besteht, die reduziert ist auf Ehre, Familie, die sie aber nicht haben, aber den Wunsch danach, auch Perspektivenlosigkeit, auch letztlich eine gewisse Verzweiflung, die wir bei anderen Gruppen nicht in dem Ausmaß wahrgenommen haben.
00:18:02: Das ist eine sehr zentrierte Weltanschauung.
00:18:07: klingt auch irgendwie logisch, weil ich sehe mich am meisten nach dem, was ich nicht habe und was ich beandern sehe.
00:18:13: Kann man das so sagen?
00:18:14: Ja, und es sind auch wenige Möglichkeiten dabei.
00:18:17: Sie benennen wenige Interessen aus wegen Lebensmöglichkeiten.
00:18:30: Das Potpourri an Möglichkeiten im Leben ist sehr, sehr eingeschränkt.
00:18:37: Und das ist eigentlich relativ traurig für einen Jugendlichen, weil das ist auch bei dem psychischen Erkrankten noch viel, viel größer und bei den gesunden Jugendlichen überhaupt sehr groß.
00:18:48: und bei den deligwänden Jugendlichen, da habe ich das Gefühl, da gibt es kaum Ideen, was kann ich aus einem Leben machen.
00:19:00: Wir haben vorher am Anfang schon erwähnt, dass eben sozusagen ein Stand ist, immer wieder auch im Zusammenhang mit den Jugendkommunitäten, mit den Computerspielen und der Sozialmitzwerden.
00:19:10: Ganz klar, wenn einer einen ganzen Tag eine Ego-Schutter spielt, dann wird er kriminell.
00:19:13: Was sagen Sie als Kind und Jungpsychiatrie mit der Schwerfunkvorhensicht dazu?
00:19:19: Also der klassische polydilektische Jugendstraftäter interessiert sich nicht für den Computer, hat zumeist auch keinen Computer, hat auch keinen Zugang zum Computer.
00:19:28: und ist so lebhaft vom Charakter, um sich irgendwo hinzusetzen und Computer zu spielen.
00:19:33: Das sind eigentlich Jugendliche, die die meiste Zeit draußen sind, herumgehen, irgendwelche Leute treffen, in Kontakt sind.
00:19:42: Das Ego-Shooter-Thema, das bezieht sich eher auf diese spezifische Deliktform, der Beziehungsdat, oder der geplanten Tat, wie eines Amoklaufs, oder eine... einer Mordhandlung an einer bestimmten Person, wo ich mich desensitivier und einfach meine Hemmungen abbauere.
00:20:07: Aber ich würde jetzt nicht sagen, dass das im Zusammenhang mit der klassischen Jugendkriminalität unbedingt steht.
00:20:14: Die sind auf der Straße, weil es der Herr nicht toll ist.
00:20:16: Genau, das sind ganz andere Detakategorien.
00:20:20: Der Mord hat ja auch eine relativ geringe Basisrate, das hat die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mörder noch ein Mord begeht, ist ja relativ gering.
00:20:27: Ein Mord passiert ja meistens so, dass so eine Amoktat in einer, basierend auf eine bestimmte Konstellation, sei es eine Beziehungstat, die was mit der Familienkonstellation zu tun hat, oder einer Amoktat, die was mit einer Schulkonstellation wie in unserem Fall zu tun hat.
00:20:48: wo der Täter eine Kränkung erfahren hat, die für ihn zu dem Schluss führt, dass er entweder die Kränkenden auslöschen muss oder sich selber auslöschen muss.
00:21:03: Das ist eine komplette Vernichtungsfantasie.
00:21:06: zur Ich-Stabilisierung.
00:21:08: Da steckt vermutlich auch oft Mopping dahinter und da haben wir vorhin gesprochen, dass jünger Straftäter meist Opfer vom Mopping und nicht Täter sind.
00:21:18: Später wahrscheinlich Täter, so ab zwölf oder ganz sicher Täter, aber gerade im Kindergarten Volksschulalter.
00:21:25: Und da schaue ich jetzt ganz besonders, denn es ist auch eine ganz relativ frezente Erfahrung, dass ich da noch mehr nachfrage.
00:21:33: Überrascht mich, dass, wie oft das thematisiert wird.
00:21:40: Das heißt, Mobbing ist etwas, das man eigentlich sehr ernst nehmen sollte, auch wenn es dann in den Volksschulalter oder noch vor der Pubertät passiert.
00:21:48: Also um Jugendkriminalität möglichst gering zu halten, weil es wird immer Kriminelle geben und es hat auch immer Kriminelle gegeben.
00:21:54: Das heißt, es gibt immer einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung, die Straftaten begeht.
00:21:59: Aber um Jugendkriminelleentwickungen so gering wie möglich zu halten, wäre es natürlich am allerplügsten marginalisierte Kinder, so früh wie möglich abzuholen, auch wenn sie Verhalten zur Fälligkeiten zeigen, die Natürlich auch Ausdruck ihrer genetischen Belastung sind und auch häufig der toxischen Belastung in der Schwangerschaft, weil viele von den Jugendlichen, die ich sehe, haben zum Beispiel eine fedale Alkoholspektrum-Störung.
00:22:31: Das heißt, die Mutter
00:22:33: hat getrunken.
00:22:35: Dadurch sind natürlich die Rahmenbedingungen für den Staat ins Leben schon einmal sehr schlecht.
00:22:40: Da gibt es körperliche Beinträchtigungen, vielleicht motorische Beinträchtigungen.
00:22:44: Ja, kognitive Verhaltensauffälligkeiten, insbesondere, dass man sich sehr schwer merken kann, wenn man bereits zu einem Thema zurechtgewiesen wurde, was oft zu einer Ablehnung durch die Lehrkraft auch noch führt, wo dann Mobbing letztlich oder toleriert wird, weil man selber das Kind ja auch sehr negativ erlebt.
00:23:10: Wir wissen ja auch, dass zum Beispiel in unseren breiten Menschen mit einem geringen soziokonomischen Status eher auch adepüs sind, weil sie sich schlechter nähern.
00:23:23: Also
00:23:23: krankhaft übergewichtig.
00:23:24: Ja, genau.
00:23:25: Das heißt, viele Jugendliche beschreiben auch, dass sie zu der Zeit ihrer Jugend krankhaft übergewichtig waren, weil es dann zu Hause ein Essverhalten gab, das nicht unbedingt zuträglich war.
00:23:37: Also es sind verschiedenste Aspekte da.
00:23:40: Und da genauer hinzuschauen und zu unterstützen.
00:23:43: kann sicher viel bewirken.
00:23:46: Und dann besteht natürlich noch die Hoffnung, dass wir was ändern können, wenn sie zu uns kommen.
00:23:50: Und da muss ich sagen, da habe ich wirklich ein paar Jugendliche, auf die ich sehr stolz bin, die sehr viel schon geschafft haben, die jetzt schon in der Lehre sind, die versuchen, auf den richtigen Weg zu kommen.
00:24:02: Das heißt, es gibt sowas, wenn man das so sagen kann, einen Ausweg auf ein Rezept, das sie anwenden können.
00:24:10: Würden Sie das auch uns verraten, was das Rezept ist?
00:24:14: Bindung, Vertrauen in die Person, individuelle Wahrnehmung, dranbleiben, positive Verstärkung.
00:24:27: Das heißt, da werden Sie teilweise so Bezugspersonen für diese jungen Menschen?
00:24:34: Flüchtigen Bezugspersonen, ja.
00:24:36: Weil diese jungen Menschen binden meistens an niemanden mehr.
00:24:40: Also die sind oft sehr bindungsgestört.
00:24:44: Aber ja.
00:24:45: Solange man das anbieten darf, bietet man das an.
00:24:48: Aber ein großer Fehler wäre auch zu erwarten, dass man etwas zurückbekommt.
00:24:54: Aber dafür sehen Sie ausgebildet, um das zu wissen, dass es nichts weiß.
00:24:59: Ja, definitiv, aber es ist noch einmal, finde ich, eine Stufe schwieriger.
00:25:06: Weil es definitiv eine Gruppe von Patienten ist, wo man sich wirklich nicht erwarten kann.
00:25:15: dass man im Nachhinein zumindest verbal die positive Verstärkung zurückbekommt.
00:25:22: oder man kann nur sehen, dass sich der Jugendliche gut entwickelt.
00:25:28: und wenn er sich dann plötzlich von heute auf morgen nicht mehr meldet und es passt gut, dann muss das auch gut sein.
00:25:36: Frau Prof.
00:25:36: Blattner, vielen Dank für diese eindrücklichen Einblicke in Ihre Arbeit.
00:25:42: die wirklich nachdenklich machen.
00:25:44: Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben für diesen Podcast.
00:25:48: Mein Dank geht auch an Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dafür, dass Sie wieder dabei waren beim Podcast der Salzburg Landeskliniken.
00:25:55: Wir haben noch viele weitere interessante Themen aus den Bereichen Gesundheitswissen, Arbeitsplatz Krankenhaus sowie Medizin und Forschung.
00:26:02: Und wir haben natürlich unseren Neo-Podcast für die Eltern und Familien von frühgeborenen bzw.
00:26:08: krankgeborenen Kindern.
00:26:09: Hören Sie einfach rein, es zahlt sich auf jeden Fall aus.
00:26:12: Mir bleibt noch zu sagen, auf Wiederhören.
00:26:13: Bis zum nächsten Mal.
00:26:14: Ihr Wolfgang Führig.
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